ÄTZEN
Die Radierung (frz. eau forte, wortwörtlich – „Scheidewasser“) entstand in Europa zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Diese Technik ist wie der Kupferstich eine Variante der Technik des Tiefdrucks. Um einen Radierdruck zu erhalten, wurde die Metallplatte mit einer Lackschicht bedeckt, auf der der Künstler mit der Radiernadel zeichnete, indem er den Lack zerkratzte und die Oberfläche der Platte entblößte. Danach wurde die Platte mit Säure geätzt, die nur an den von Lack freuen Stellen auf das Metall wirkte. Infolge der ungleichmäßigen Dauer der Ätzung verschiedener Teile der Komposition wurden Unterschiede in der Tiefe und Dichte der Linien und Striche erreicht. Oft wurde die Ätzung in mehreren Schritten angewandt, indem nach und nach die Stellen von Lack befreit wurden, an denen es notwendig war, die Stärke des Strichs zu unterstreichen und die Linien zu vertiefen. Vor Druckbeginn wurde die Platte vom Lack befreit und die geätzte Zeichnung mit Farbe eingefärbt. Der Abdruck geschah auf demselben Wege wie auch im Kupferstich. In der Radierung wurde oft die sogenannte „Verzögerung“ ausgenutzt. Dafür hinterließ der Künstler bewusst auf der Oberfläche der Platte an verschiedenen Stellen eine sehr feine Farbschicht. Beim Druck verband die „Verzögerung“ einzelne Details und Teile der Komposition, verstärkte oder tilgte sie manchmal oder schwächte sie ab.
Die Radiertechnik ist gekennzeichnet durch eine vergleichsweise Einfachheit und große Geschmeidigkeit. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts nutzte man für Radierungen Eisenplatten, doch sie korrodierten schnell, was die Qualität der Drucke beeinflusste. Dürer machte nur sechs Radierungen und gab diese Technik auf, ungeachtet dessen, dass er ihre Besonderheit spürte und die relative Leichtigkeit der Arbeit in der Radierung verstand. Dürers Zeitgenossen, die in der Radierung arbeiteten, bewahrten die Methoden des Kupferstichs.
Die Blüte der Radiertechnik kommt mit dem 17. Jahrhundert. Der größte Meister der Radierung war der holländische Maler und Graphiker Rembrandt.