Unter „Passion“ wurden gewöhnlich jene physischen und seelischen Leiden verstanden, die Jesus Christus in den letzten Tagen seines irdischen Lebens durchgemacht hat. Dieses Thema war im Deutschland des 15. und 16. Jahrhunderts besonders populär. Die Kirche nutzte die bildende Kunst, besonders die Graphik, dafür, um den breiten, oft des Lesens und Schreibens unkundigen Volksmassen von den letzten Tagen im Leben Christi zu erzählen. Schon im Mittelalter war eine Ikonographie aller Sujets ausgearbeitet, die leicht erkennbar war. Albrecht Dürer führte, als er sich dem „Passions“-Thema widmete, in die traditionelle Ikonographie seine Ergänzungen ein und vergrößerte manchmal die Zahl der Sujets.
Der Zyklus „Die Große Passion“ ist im Holzschnitt ausgeführt und besteht aus elf Graphiken und einem Titelblatt. Der Künstler wandte sich zweimal der Arbeit zu. Der Hauptteil der Holzschnitte ist mit 1496 bis 1500 datiert. In denen Jahren 1496 bis 1498 arbeitete Dürer am „Apokalypse“-Zyklus, schuf jedoch in dieser Zeit die dramatischsten Kompositionen der „Passion“ aus: „Christus am Ölberg“, „Geißelung Christi“, „Die Schaustellung Christi (Ecce homo)“, „Kreuztragung“, „ Christus am Kreuz“, „Beweinung Christi“ und „Grablegung Christi“. Nach seiner zweiten Italienreise (1505–1507) vollendete der Künstler die Arbeit am Zyklus und gab ihn 1511 in Nürnberg mit rückseitigen lateinischen Texten heraus, fast zeitgleich mit dem Zyklus „Das Marienleben“. Nach Dürers Tod wurde der Zyklus zweimal herausgegeben: 1675 in Augsburg und 1690 in Ulm.
In der Sammlung des GMII-„Puschkin“ gibt es einen großen Teil von Drucken der 1511 datierten Folge, mit Ausnahme von vier Blättern. Eines von ihnen – „Christus in der Vorhölle“ –gehört zu den frühen Erstdrucken ohne Text auf der Rückseite, die 1510 gedruckt wurden, vor der Herausgabe der gesamten Folge. Die anderen drei Blätter datieren vom Ende des 16. bis 17. Jahrhundert.